Agra, Stadt des Taj Mahal

Abschied mit Wehmut vom freundlichen Haus und Delhi. Sonntag früh ist es noch recht still
und leer auf den Straßen und so geht’s auf schicker 6spuriger Asphaltstadtautobahn mit Blumenrabatten in der Mitte zügig zur Railway Station. Hier sind alle schon lange munter! 
Hoch und runter durch den Bahnhof, Menschenmassen wuseln von A nach B. Ich staune über die enorme Länge der Züge. Sie haben enge Gitterfenster statt Scheiben, aber auch „Sleep Wagons“. Wer aus Bombay kommt, hat 12 h beengte Fahrt hinter sich. Zerzauste Großfamilien und Businessmänner steigen raus - endlich da. Kinder schauen verwirrt ohne einen Mucks umher. Eine Frau lässt sich vom herbeigeeilten Koffermann einen Verschluss  reparieren - er hat feinste Ersatzteile aller Art an Ringen dabei und es klappt. 
Wir nutzen wie die anderen Touris den „Gatiman-Express“, den feinsten Zug, den es gibt, mit Polstersitzen, großen getönten Scheiben und per web reservierten Plätzen. Einige Reisende haben im Netz Frühstück bestellt und der Schaffner kommt mit den Flugzeugboxen exakt an die richtigen Plätze. Er muss nicht fragen, es stimmt. Der Zug ist ausgebucht. Nebenbei, auch die Edelstahl-Bückklos sind einwandfrei. Ist in den Locals-Zügen nicht so, hörten wir. 
Herrlich, die schnelle Fahrt raus aus Delhi. 
Erstmal reihen sich Industriegebiete aneinander, auch viele kleine Betriebe, welche die größte Leistung des Landes schaffen. Kegelförmige Schornsteine ragen auf, Qualm hält sich aber in Grenzen. Industrie ist innerhalb der Ballungsgebiete nicht erlaubt. 
Jetzt kommen zahllose frühlingsgrüne Felder, Bäume hineingestreut. Es ist Reis. Der wird in Indien auf 45 Millionen ha angebaut, dazu auf 32 Mio ha Mais und Hirse (die wirklichen Grundnahrungsmittel und Viehfutter), auf 23 Mio ha Hülsenfrüchte und dann gleich Weizen. 
300 Mio Rinder und Büffel dienen als Zugtiere und Milchlieferanten. Ich sehe einzelne Rinder und kleine Gruppen auf den Plastikmüllhalden entlang der Bahn stehen, sie kauen. Es gibt kaum Weideland in Indien. Milch, Joghurt und Butter sind zentraler Nahrungsmittelbestandteil und Fettgrundlage indischen Essens, dazu Gemüse und Obst. Fleisch ist selten. 
Zwischen den Feldern einzelne Rundhütten wie Jurten aus Zweigen, wahrscheinlich Hitzeschutz im Sommer. Zurückgesetzt eckige Farmkomplexe aus Stein. Der Zug hält nicht und rauscht durch Bahnhöfe mit Gärtchen weiter, keine 2 Stunden sind es für die 188 km nach Agra. 

In Agra müssen die  vor dem Bahnhof auf Jobs hoffenden Fahrer hinter einer Absperrung bleiben und so blicken hunderte brauner Gesichter erwartungsvoll. Ein Dicker hatte es aus unerfindlichen?! 💴 Gründen aber auf den Bahnsteig geschafft und nimmt uns von dort erfolgreich ins Schlepptau bis zu seinem Auto. An einem winzigen Taxihäuschen ist Gedränge und zwei Männer brüllen sich wütend an. Die anderen gucken erschrocken, aber irgendwie mit Verständnis, Handys werden gezückt und Hilfe geholt. Die Fahrpreise sind angeschlagen. Wir zahlen dort und fahren zum 8 km entfernten Homestay. 
Agra, die Stadt des Taj Mahal, hat 1,7 Mio Einwohner und wirkt schon ärmer als Delhi, obwohl soviele Touristen hierher strömen.  Bei 40.000 täglich ist im Taj Mahal Schluss, da wird zugemacht. Es gibt viel mehr Fahrradrikschas (in Delhi fast nur motorisierte) und sogar Pferdekutschen. Ist halt ne Kleinstadt. 
Wir landen zufrieden im familiengeführten Haus mit Lift (!) zu den Rooftops (ja, man sieht „Es“ schon von hier oben 😃), ein sauberes Zimmerchen mit Dusche erwartet uns für 3 Übernachtungen - was braucht man mehr!
Nach ner Ruhepause wandeln wir zu Fuß durch die quirlige Stadt, wo sich erste moderne Hotels (Radisson) aus dem Staub erheben, ansonsten alles noch chaotisch abläuft. 
Wir finden den sehr sauberen Naturpark, gehen ein paar erholsame Pfade durch - hier getrauen sich ein paar Pärchen auch mal, Händchen zu halten - und erleben plötzlich den Anblick des Taj Mahal, das sich aus dem Grün wie ein Märchen erhebt. Traumhaft! Nun wieder rein ins Getriebe. Zwar führt eine neu gebaute Allee aufs Monument zu, wir gehen aber erst morgen hin, biegen ab und landen im irrsinnigen Gassengewühl zwischen Ziegen, Werkstätten und Verkaufshöhlen. Erst mittels Tuktuk finden wir das gesuchte Restaurant. Das Kricketspiel (im TV dort) werde ich nie begreifen. 
Im Dunkel zu Fuß am Rand der Hauptstraße lang zurück ist aufgrund des Wahnsinnsverkehrs lebensgefährlich und einfach nur irrsinnig, deshalb wieder ins Tuktuk und Rettung auf die Insel, unser bunt beleuchtetes Homestay. 
Gute Nacht!


















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